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Der Wanderer über dem Nebelmeer

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Mit Dach, mit Gürtel – aber ohne Furcht!

Schlechtes Wetter auf Spaniens höchstem Berg

Schlechtes Wetter auf Spaniens höchstem Berg

Und auch vermutlich (in Ihrem Fall) zumeist ohne ein abgeschlossenes Kunststudium, so dass Sie gar nicht wissen, was ich mit der Überschrift meine :-) Also werden Sie gegen Ende dieses Artikels noch ein bisschen privaten Unterricht über einen 200 Jahre alten deutschen Maler der Frühromantik bekommen. *Hach*. Aber bis dahin singen wir gemeinsam noch einen Klassiker von Reinhard Mey, der für uns Blogger und sonstige Motorjournalisten hier oben, auf dem Pico del Teide, zeitloser und aktueller nicht sein könnte. Ob das Dach nun auf dem neuen Mercedes SLK Roadster drauf ist oder nicht, macht auf 2400 Metern den Unterschied zwischen harten Vitamin-C-Männern und weichgespülten Airscarf-Liebhabern aus. Singen, ja singen werden wir alle das gleiche Lied: „Üüüüber den Wolken, muss die Freiheit wohl grenzenlos sein…

Alle Ängste, alle Sorgen, sagt man…

… lägen darunter verborgen.“ Das stimmt wohl. Mit hier unvermeidlichen Tapas im Magen und Sonne im Herzen ruft uns die Nachmittagsetappe zum zweiten Teil unserer Testfahrt über diese spanische Insel. Noch sind wir wahrhaft unter den Wolken und fräsen die ungeschminkte Umgehungsstraße entlang. Ängste bekomme ich, wenn ich meinen beiden Mitgestirnen MC Winkel und Markus folge, die offensichtlich gerade die „S“-Taste für sportliches Fahren entdeckt haben. Mist, kein komfortables Dahingleiten mehr, dann hängen die mich gnadenlos ab. Und meinem Navi vertraue ich nicht. Sorgen macht mir der dichter werdende Verkehr und das Gedärm, welches das Navi nach drei Ausfahrten zeigt. Gedärm im Display bedeutet immer schreckliche Serpentinen, und sind wir doch mal ehrlich, davon hatten wir heute ja noch nicht genug.

Ich mag Sepia, das sieht dann immer so schön oldschool aus…

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Hui, der Wind weht doch recht heftig!

Immer bedrohlicher kündigen sich am Himmel bevorstehende Wechselbäder an, Kneipp III sozusagen. Während ich am heutigen Vormittag schon einmal den Deckel auf den Topf drücken musste, genoss ich eben an der Küste einen kleinen Vorgeschmack auf den bevorstehenden Sommer. Krass, durch wie viele verschiedene Vegetations- und Klimazonen wir auf diesem kleinen Eiland innerhalb weniger Stunden gescheucht werden. Nur Schnee gab’s noch nicht, aber das kann ja noch kommen, schenkt man den dunklen Wolken Vertrauen. So. Genug philosophiert. Fahrspaß! Hier und Jetzt. Weiter geht es, raus aus der Ausfahrt, die Straßen werden ein bisschen schmalbrüstiger und irgendwie weiblicher. Erste Wölkchen harmonieren perfekt mit dem langsam fallenden Thermometer, und die Kontraste laden zum Fotografieren ein…

Unterwegs wie die heiligen drei Könige, zumal da auch schon wieder ein Caspar dabei wäre. Wir folgen dem Stern, und unser Weg führt aus der Ebene an den Hirten vorbei in die Berge, wo vielleicht eine Krippe steht. Heute ein König! Dieses Auto gibt mir zwischenzeitlich das Gefühl, einer zu sein, aber heilig ist anders. Meine Gedanken sind eher sündig und bedürften vermutlich der Beichte beim Padre in einer der zahlreichen Kapellen, an denen wir vorbei kommen 😉 Der spanische Wetterbericht, wenn ich ihn denn verstehen würde, erzählt mir hektisch polternd vermutlich etwas von schlechtem Wetter oben in den Bergen, also stellen wir drei uns auf einen baldigen weiteren Stopp ein, Cabrio scheint nur unterhalb von 2000 Metern möglich.

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Sie wird immer fraulicher, die Straße. Als Fahrer bemerkt man die relative Bergigkeit weniger am Auto selbst, das schnurrt munter über jede Kuppe und um jede Kurve. Es ist der Sender, der regelmäßig wegbritzelt. Was ich als eine Wohltat empfinde…

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Als das atonale Gejammer irgendwelcher spanischer C-Nationalheldinnen zu frustran wird, nutze ich den nächsten Stop und spiele ein bisschen am Soundsystem herum. Da ich nicht wie MC Winkel über ein mit Beatmukke vollgestopftes iphone verfüge, muss ich tiefer tauchen und entdecke schelmisch grinsend die autoeigene Festplatte…

Music for the road“ powerred by Harmann Kardon. Die haben an alles gedacht, und solche versteckten Feinheiten, auf die nirgends hingewiesen wurde, gefallen mir besonders. Während ein shuffelnder Blues meine windgebeutelten Ohren umgarnt, merke ich endlich, wie müde ich bin. Wie viel kann ein einfaches Männerhirn an einem einzigen Tag aufnehmen? Habe ich eigentlich schon alles von gestern verarbeitet? Habe ich vielleicht ein mal zu oft erwähnt, dass ich bald 40 werde und finde, dass man mir mein Alter in letzter Zeit irgendwie ansieht? :roll: Tja, Freunde, vielleicht ist es endlich an der Zeit für eine waschechte Midlife-Crisis. Und die muss ich ja nicht klassisch mit einem Porsche und blutjungen Mädels kompensieren, das geht bestimmt auch mit einem neuen SLK und einem halbfinnischen Fräulein Altona 😀

Wo wir gerade von Finnland sprechen… SO stelle ich mir das da vor. Ich habe zwar schon einen lange zurück liegenden Sommer an einem See in der Nähe von Helsinki verbracht, mein Augenmerk lag seinerzeit allerdings mehr auf dem hauseigenen Ruderboot und meinem BMX Rad. Weniger auf der Landschaft. Da hat sich meine Wahrnehmung, nun, wo es die Wurzeln meines Herzens 😳 betrifft, ein bisschen verschoben. Hohe Tannen weisen die Sterne an der Isar entspringender Flut… Dunkel wird es, die dünne Luft scheint mich ein bisschen bescheuert zu machen und der Mix aus Nebel und Regen zwingt das Sternentrio fern jeder Isar erneut zum Deckel-auf-den-Topf-machen. Was für eine seltsame Insel, Petrus zieht hier wirklich alle vorhandenen Register!

Und wenn du denkst, es könnte nicht dicker kommen, kommt es noch dicker. Diese Straßen sind auch bei glasklarer Sicht und Sonnenschein schon nicht einfach zu fahren – wenn die Sichtweite aber auf unter 20 Meter fällt kommen Zweifel an der Erfüllbarkeit der Mission.

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Sender weg, Telefonempfang weg, Sicht weg. MC Winkel filmt sich wacker weiter, während aus seiner rollenden Disco die Beats wie durch Watte zu mir hinüberbummern. Das sind dann wohl wieder einmal die Wolken? Oder ist es eine Schlechtwetterfront? Vor uns liegen noch rund 10 Kilometer, hinter uns eine Temperaturdifferenz von über 20 Grad in nicht mal einer Stunde. Beachten Sie den Gürtel. Und es geht weiter :-)

Ein wunderbarer Nebeneffekt solcher Fahrveranstaltungen: Ich darf in Gebiete vordringen, zu denen ein normal sterblicher Autofahrer keinen Zutritt hat. Das sagenhafte Observatorium auf dem Pico del Teide in 2400 Metern Höhe ist irgendwann im technischen Paläozoikum mal zur Erforschung der Sonne gebaut worden. Ach so. Deshalb dürfen wir da heute hin, bei der Suppe ist vermutlich wenig zu erforschen und die Forscher mopsen sich. Als ehemaliger Physikstudent bin ich tatsächlich ein bisschen aufgeregt. Oder kommt das von der noch immer sehr dünnen Luft? Oder meldet sich gar der Gleichgewichtssinn meines Körpers, der seit gestern Nachmittag deutlich bei jeder Kurve protestiert und mich fragt, ob ich eigentlich noch alle Nudeln im Sieb habe? Wer weiß das schon so genau…

Wenn wir wirklich Caspar, Melchior und Balthasar sein sollten, die dem Stern folgen… dann ist das hier oben die Götterdämmerung. Schnee! Es schneit, Freunde!!!

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Bei einer lauschigen, iglu-ähnlichen Bude stellen wir die frierenden Lifestyle-Roadster ab und bekommen heißen Kaffee und Kekse von einheimischen, gut aussehenden jungen Damen gereicht. Das Observatorium sei da drüben, sagt man uns…

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Ahnen Sie die Kälte? Irgendwo 2400 Meter weiter unten hätte ich nicht gedacht, später noch einmal eine Jacke zu benötigen. Ich sollte mehr auf meine Mutter hören.

Sternengucker. Hier treffen sie sich. Und zeigen Sternenfahrern ein bisschen von der Technik, denn durch den Nebel sehen wir weder Sterne noch die Sonne noch nennenswerte Teile unser eigenen Zukunft. Ein Traum der Menschheit, das tiefe Eindringen in die vermeintliche Unendlichkeit des Weltalls, wird hier greifbar. Ich fühle mich umgehend noch ein bisschen kleiner als sonst und friere noch ein bisschen mehr. Ist dies hier gar die Krippe, zu der wir pilgerten? Vielleicht hilft da ein weiterer Kaffee, ein paar Tapas-Kekse und letztendlich die Sitzheizung und der Airscarf „meines“ SLK, der tickend und knackend brav wie ein Hund vor der Bude wartet. Sie freuen sich wie Kinder über das W-Lan, meine Begleiter. Und hacken emsig auf ihre Smartphones ein. Wie isses, Jungs, wolle mer weiter? Der dritte und letzte Teil der Routenführung im Navi verspricht einen Ritt auf den Bergkämmen entlang der großen Lavafelder und ein wieder Eintauchen in wärmere, küstennahe und relativ ebenerdige Gebiete!

So stelle ich mir den Grand Canyon vor. Über den Wolken würde was uns groß und wichtig erscheint plötzlich nichtig und klein. Nun, da ich wieder darunter bin, gibt es mindestens eine Sache, die weder nichtig noch klein ist. An dieser Stelle erfahre ich telefonisch vom Erdbeben in Japan, vom Tsunami und vom Kernkraftwerk, das hochgegangen ist. Eine Nachricht, die vielleicht die Welt, wie wir sie kennen, verändern wird. Man wird sehen, das ist eine andere Geschichte. *schnipps* Jetzt und hier wird es weder wärmer noch trockener, immerhin kann der Regensensor des SLK seine Kunst beweisen und zuverlässig die Scheibe immer nur dann wischen, wenn auch wirklich Tropfen drauf sind. Cool. Landschaftlich gestaltet sich unser visuelles Umfeld erneut schräg und bizarr. Ein 200 Jahre alter Lavaflöz öffnet sich vor den röhrenden Roadstern, ein Schelm, wer da nicht erneut anhalten möchte!

Sandmännchen auf dem Mond! An Kargheit kaum zu überbieten, eröffnet sich dem Drive-By-Touristen eine wüste graue Felsstruktur mit braunem Sand vor manchmal blauem Himmel. Die Farbe des Roadsters (was habe ich eigentlich? Palladiumsilber? Iridiumsilber?) harmoniert ganz hervorragend mit dem Szenario, im Moment bin ich eigentlich ganz froh, dass die Film-Fraggels mir die roten Autos weggenommen haben. Überhaupt. Wo sind die eigentlich alle? Ich habe unterwegs noch nicht ein einziges rotes Auto gesehen? Liegen die etwa schon alle im Pool und schneiden die offiziellen fertigen Werbevideos (mit einem roten SLK Roadster) ein bisschen um? 😉 Verstehe…

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Jetzt haben wir alles gleichzeitig, Sonne, Wüste, Schnee und Regen. Hallo April?

Die kantigen Felsen bieten gemeinsam mit dem schlechten Wetter ein ganz eigenes Szenario für die Fotografen, schöner wär’s aber schon mit Sonnenschein. Irgendwas ist ja immer! Die analoge Uhr in der Mitte des Armaturenbretts tickt unablässig weiter in Richtung Abend und Fahrzeug-Rückgabe. Wissen Sie, was mir in diesem Moment aufgeht, wenn es die Sonne schon nicht macht? Ich habe erneut nicht unter die Motorhaube geguckt! Genau wie beim CLS in San Diego. Ja ist denn das zu fassen? Woran liegt es? Weil man heute sowieso nichts spektakuläres mehr unter einer Motorhaube sieht? Oder weil die anderen Reize, die Formen und Farben der Landschaften und Autos einfach in der kurzen Zeit keinen Raum für mechanische Entriegelungen lassen? Ich muss da mal drüber nachdenken.

Ein Regenbogen! Man sagt, an seinem Ende sei ein Topf voll Gold. Und man sagt auch, dass auf jeden Topf ein Deckel passe. Der auf meinem ist drauf und bleibt es wohl heute auch, denn wir sind bald wieder unten an der Küste. Er passt ganz gut, wie ich finde, auch geschlossen macht der neue SLK eine gute Figur und vermittelt noch immer ein für einen Roadster großzügiges Raumgefühl. Schön. Den goldenen Topf scheinen meine Mit-Piloten mit Feuereifer zu suchen, so wie die beiden talwärts fegen. Nö. Genug Adrenalin für heute, ich schalte von „S“ wieder auf „C“ und gluggere gemütlich die letzten Serpentinen runter. Dass ich immer noch auf dem richtigen Weg bin zeigen mir die vielen schwarzen Spuren in den Kurven, hier waren offensichtlich Roadsterfahrer am Werk :-) Ein Prosit den Assistenzsystemen…

Kann ich denn überhaupt ein Fazit zu diesem Auto ziehen? Hm. Vielleicht eines, was erkennen lässt, dass wir diese Autos nicht testen, sondern erleben sollen. Der neue SLK gefällt! Er ist klein, aber bietet zwei großen Erwachsenen mit wenig Gepäck genug Platz. Auch für eine längere Urlaubsreise! Und er macht Laune! Hat man sich erst einmal daran gewöhnt, dass eine mitdenkende Elektronik das direkte Gasgeben um ein paar Milisekunden verzögert kann man den Topf voll Gold fliegen lassen. Er fliegt sich hervorragend und klingt sogar als Vierzylinder kernig und grimmig. Über Land wiederum zeigt der SLK seine modernen Sparqualitäten, ist niemals durstig und geht einem auch nicht mit permanentem Gebrülle auf die Nerven. Ja. Ich will! Im folgenden Video verstehen Sie vermutlich nix, weil die Musik zu laut ist :-)

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Epilog. Und sie wandelten über dem Nebelmeer.

Caspar David Friedrich war ein Romantiker und ein Träumer. Seine Bilder entstanden fast ausnahmslos in seinem Atelier und nicht in der Natur, er malte fotorealistisch das, was er im Kopf gespeichert hatte. Seine Bilder sprechen von Sehnsucht, von der unendlichen Weite der Landschaft und von der unbändigen Natur. Immer ein bisschen unheimlich, immer ein bisschen melancholisch. Was soll ich dem noch hinzufügen? Ein sehr bewegender Tag geht für den kleinen Blogger zu Ende. Er hinterlässt Sehnsüchte und Melancholie, vermischt mit Freude und dem Lächeln derer, die ein neues Auto gefahren sind und es genossen haben. Den Gürtel gebe ich beim abendlichen Come Together seiner Besitzerin dankend zurück, vielleicht finde ich morgen am Flughafen noch einen?

Dieses Auto polarisiert weit mehr als seine Vorgänger. Schon jetzt, zumindest in meinem Facebook Account. Und ab Ende März wohl auch auf der Straße. Ein Kleiner mit dem Gesicht eines Großen. Ein vorauseilender Ruf, den er erst noch umkrempeln muss. Die drei folgten dem Stern…

Sandmann


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